Mut zur Glatze – Start der neuen Reihe "Martina zieht an!"
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Peter Budig
Binnen eines Monats sind der 35-jährigen Sabine Wirth aus Nürnberg alle Körperhaare ausgefallen. Im Gegensatz zu den meisten der über eine Million Betroffenen von „Alopecia Areata Universalis“ in Deutschland, entschied sie sich gegen eine Perücke. Doch was früher cool aussah, passte irgendwie nicht mehr. Mit einer Style-Beratung bei BodyBrand hat sie einen neuen, eigenen Look entwickelt. Start der neuen Reihe "Martina zieht an!"
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Es ist gar nicht lange her, da hat Sabine Wirth, wenn ein starkes Gefühl sie im Gespräch berührte, gerne eine Haarsträhne ergriffen und sie gedankenverloren um den Finger gewickelt. Jetzt sucht sie andere Kanäle für kleine Gesten, spielt zum Beispiel an ihrer langen, bunten Kette.
Ein paar Dinge sind damals zusammengekommen bei der attraktiven, jungen Frau, so dass sie binnen vier Wochen alle Körperhaare verloren hatte. Es begann mit einer medikamentösen Behandlung einer Schleimbeutel-Entzündung im Knie. Ihr Körper reagierte mit einer unerwartet starken allergischen Reaktion auf diese Therapie: ein Hautausschlag, der mit Kortison behandelt wurde. Zunächst schien alles verheilt. Ein halbes Jahr später kehrte die Entzündung zurück, verbunden mit einer bakteriellen Erkrankung. Jetzt musste operiert werden.
Diese Faktoren, die bestehende Medikamenten-Allergie und innerer Stress durch Operation und Narkose, lösten im Oktober 2013 vermutlich die Autoimmunreaktion aus: Das Immunsystem sah plötzlich die Haarwurzel als Fremdkörper an. Die genauen Ursachen sind immer noch nicht erforscht, jedoch liegt bei Sabine eine genetische Vorbelastung vor, da auch ihre Mutter unter Alopecia Areata leidet.
Im Deutschen nennt man es „kreisrunder Haarausfall“, mit verschieden starker Ausprägung. Bei Sabine Wirth war es die extreme Variante: Binnen vier oder fünf Wochen war die heute 35-Jährige kahl. „Die Haare sind mir einfach ausgefallen. Den letzten Flaum am Kopf haben mir meine besten Freundinnen auf einer ‚Glatzenparty‘ wegrasiert.“
Im Rückblick realisiert Sabine Wirth, dass ihre Reaktionen typisch waren: „Solange ich nicht rasiert war, empfand ich mein Aussehen als ungepflegt und schrecklich, lief los und kaufte Perücken.“ Doch schon bald spürte sie: „Irgendwie fühlt es sich nicht richtig an.“ Sabine Wirth ist eine im Leben stehende, erfolgreiche Frau. Sie ist Handelsfachwirtin im Groß- und Außenhandel und hat eine weitere Ausbildung zur psychologischen Beraterin abgeschlossen. Heute arbeitet sie hauptberuflich im Vertriebsinnendienst eines Industrieunternehmens und nebenberuflich selbstständig als Persönlichkeitscoach und Lebensberaterin. Im November dieses Jahres beginnt Ihre Fortbildung zur systemischen Beraterin, um noch besser innerhalb von Organisations- und Familienstrukturen beraten zu können.
Sie trägt selbstbewusst Glatze und bietet unter „Sonnenstrahl – lösungsorientiertes Kurzzeittraining“ zusätzlich Selbstbewusstseinsstärkung für Menschen mit Haarausfall an.
Und sie wirbt für ihre Entscheidung. Für eine Freiheit, die sich wenige andere zutrauen. Dabei sind es etwa 1,2 Prozent der Frauen in Deutschland, über eine Million, die vom „kreisrunden Haarausfall“ betroffen sind. Das hat der Bundesverein Alopecia Areata Deutschland e.V. errechnet. Sabine Wirth hat schnell am eigenen Leib erfahren, was die meisten Betroffenen umtreibt: „Diese oft unausgesprochenen Vermutungen über die Gründe meines Aussehens reichten von Punkeroutfit, Fetisch, Lesbe, über Rechtsradikale bis zu den Folgen einer Krebstherapie“, zählt sie auf. Dass sie gleichbleibend selbstbewusst und fröhlich blieb, irritierte manche Menschen, setzte Aggressionen frei.
Schon immer war Sabine Wirth ein entschiedener Mensch gewesen, der eigene Entscheidungen traf. Stets lebte sie ihr Glamour-Potential aus, ging gerne mal chic weg, legte Wert auf einen stylischen Auftritt. Jetzt merkte sie, dass ihre bisherigen Modevorlieben nicht mehr passten: „Bisher war ich bei Farben oder Mustern nicht so experimentierfreudig und habe eher Einfarbiges und viel Schwarz getragen, auch geschminkt habe ich mich eher dunkel“, erinnert sie sich.
Doch mit Glatze kamen der existentialistische Style, das dunkle Augen Make-up und die schwarze Lederjacke viel zu hart und dominant rüber. Sie spürte, dass sie durch die neue Frisur mehr mit Farbtönen, Accessoires und Schmuck arbeiten müsste, fühlte sich aber unsicher beim Experimentieren mit Farben. Sie zog die Bamberger Expertin Martina Hunger von BodyBrand zu Rate.
Obwohl Martina Hunger psychologische Selbstinszenierung anbietet, musste sie sich auch erst in das Thema „Glatze“ einarbeiten: „Durch die Glatze fehlt der natürliche Rahmen, den das Haar liefert. Das Licht bricht anders, der ganze Eindruck ist kantiger, akzentuierter, härter“, fasst sie die Ausgangslage zusammen: „Wichtig sind weiche, edle Stoffe, Achtsamkeit mit Farben. Sabine hat neben dem dominierenden „Gelb“ (kreativ, wandlungsfähig) selbst von der Persönlichkeit her viele Rotanteile, sie ist ein selbstbewusster Leadertyp. Schwarz und Rot verstärken das, sie kommt einschüchternd rüber. Mit Blautönen, kombiniert mit Creme oder Beige, mit weichen Stoffen, einem klassisch-edlen Look und sparsam eingesetzten Akzenten durch Schals und Tücher ist sie gut beraten. Ihre lange, schlanke, sehr attraktive Halslinie sollte sie wenn dann sparsam schmücken, nicht davon ablenken.“
Auch eine Vermessung der Proportionen in den BodyBrand-Studios brachte überraschende Ergebnisse: „Frau Wirth ist ein feminin-natürlich-klassischer Typ mit einem avantgardistischen Touch. Außerdem hat sie ausgeprägte weibliche Rundungen. Das unterstreicht ihre romantischen Anteile – Blümchenmuster oder Verspieltes sind deshalb zu viel des Guten. Zum Beispiel sollte der Saum ihres Jacketts nicht auf der breitesten Stelle enden. Das macht man gerne unbewusst und weist so selbst auf Ungünstiges hin“, so Hunger. „Zwei Zentimeter kürzer können Wunder wirken“.
Sabine Wirth hat die Tipps im Schlussverkauf gleich umgesetzt: „Beim Bummeln achte ich nun auf ganz andere Dinge. Ich weiß jetzt, welche Farben mir stehen und lasse die Finger vom routinierten Schwarz.“ In ihrer Entscheidung, Glatze zu tragen, fühlt sie sich bestärkt. Sie hat eine Facebook-Gruppe mit Betroffenen gegründet und will im Rahmen ihrer Coachtätigkeit anderen helfen, mit einer klaren inneren Aufstellung: „Wenn es jemand vom Typ her aushält, ist der Weg zur natürlichen Selbstpräsentation auf jeden Fall heilend und selbstbestärkend. Ich kann nur empfehlen: Mut zur Glatze.“ Ihr Wahlspruch lautet: „Es ist nicht das, was uns passiert, was uns zu Boden reißt, sondern wie wir damit umgehen!“
Mehr über die Psychologie der Selbstinszenierung erfahrt ihr in unserem Themenschwerpunkt BodyBrand erfolgreich im Business Style wirken.