Co-Reach 2016: Zwischen crossmedialer Überforderung und digitaler Generation
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Benjamin Jungert
Der Übergang von Print zu Digital setzt zunehmend Möglichkeiten und Kommunikationskanäle frei. Gut, wenn eine Messe wie die Co-Reach hilft, sich im Bereich Dialogmarketing ein regelmäßiges Update zu verschaffen.
Man könnte natürlich bei Neil Postman ansetzen. Der Medientheoretiker und Pädagoge (1931 - 2003) sprach in den 1980ern und 1990ern in Aufsätzen wie “Wir informieren uns zu Tode” von einer Informationsschwemme in einem postmodernen Zeitalter ohne kohärente Geschichte.
Über seine Reaktion zur heutigen digitalen Gesellschaft kann man nur spekulieren; die Anzahl der Informationskanäle, die sich weiter ausdifferenziert haben und die Geschwindigkeit, mit der “das Internet” auf Ereignisse reagiert und diese beinahe zu überholen versucht, haben stark zugenommen.
Auch auf der diesjährigen Dialogmarketing-Messe Co-Reach ist das Thema (digitale) Überforderung häufig aufgetaucht. So sprach Prof. Jivka Ovtcharova (Karlsruher Institut für Technologie) am Mittwoch eigentlich über das Thema “Data Driven Marketing” und die Bedeutung von individuellem Kundendialog.
In ihrer Funktion als Dozentin stellte sie aber auch fest, dass man sich auf eine ganz neue Generation von jungen Menschen bzw. Studierenden einstellen müsse. Diese wisse nämlich die vielen Kanäle gut zu nutzen und hinterfragen das Vorgetragene fast zeitgleich im Netz. Auch ihre Vorlesungen gestalte sie digital; Studierende können in den digitalen Dialog eintreten.
Explizit zum Thema Überforderung machte sich Daniel Mundt (Geschäftsführung / a+s DialogGroup GmbH) Gedanken. Sein Vortrag “Crossmediale Überforderung” nahm bereits im Titel darauf Bezug, dass die Co-Reach verschiedenste Medien, auch und gerade den Print-Bereich mit abdeckt. Für viele Mitarbeiter von Agenturen etc. stellt sich aber eine zunächst unübersichtliche Situation dar.
Sie sehen viele Kanäle, einen Marketingmix, der zum Erfolg führen kann. Für Mundt ging es darum, diese Mittel geschickt miteinander zu verknüpfen. Ein Punkt sei dabei multisensorisches Marketing, das alle Sinne anspreche. Letztlich bleibe ja das Ziel, Bedürfnisse zu wecken.
Offene Diskussionsstruktur
Eine Besonderheit der Co-Reach ist seit einigen Jahren das Open Summit. Dort können Menschen aus den verschiedensten (Marketing-)Bereichen spontan offene Beiträge präsentieren. Sie sind nicht als einseitige Vorträge gedacht, sondern als offener Dialog aller Beteiligten.
Zu den Sprechern gehörte am Mittwoch auch Peter Mestel (u.a. User Centered Strategy GmbH). Session-Titel war “The Secret Sauce of Instagram. Influencer, Stolpersteine und KPIs”. Über den Online-Bilder-Dienst Instagram (Gründungsjahr 2010) werden jeden Tag viele Millionen Bilder mit einer eigenen, oft geschmähten Ästethik hochgeladen.
Die entsprechenden Accounts nutzen viele Firmen mal sehr erfolgreich, mal halbherzig, mal kaum wahrnehmbar. So komme es u.a. auf einheitliche Bildsprache und die richtigen Hashtags an. Als Vorzeige-Beispiel für die Verknüpfung von Bild und Content nennt Mestel die NY Times.
Großteil der Umsätze über Print
Eigentlich überflüssig zu sagen, dass die Online-Kommunikation immer stärker wird. Dabei vergisst man aber schnell den Print-Bereich, "und nur im Zusammenspiel kann man den Kunden erreichen”, ist sich Bettina Focke (Veranstaltungsleitung Co-Reach) sicher.
Wenn man sich beispielsweise die Zahlen im Journalismus ansieht, wird das nochmal sehr deutlich: Dort werden weltweit noch über 90 Prozent der Umsätze im gedruckten Bereich getätigt.
Wir befinden uns in einer Zeit des digitalen Umbruchs, in der es nicht darum geht, wie Neil Postman es sich vielleicht zu leicht gemacht hat, Gedrucktes gegen Visuelles auszuspielen. Es ist ein gleichzeitiges Vorhandensein von vielen Kanälen, ein Kampf um die Hoheit der Bilder und der Geschwindigkeit, was Diskussion und Reflexion auf Messen wie der CO-Reach unabdingbar macht.