All you need is A Love Supreme
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Benjamin Jungert
Das KaMa Quartet der Saxophonistin Katharina Maschmeyer interpretiert mit einer gitarrengetriebenen Version von John Coltranes “A Love Supreme” einen Meilenstein der Jazzgeschichte neu. Ich wollte wissen, welche Energie Coltrane für sie heute noch innehat.
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All you need is love. Die höchste Form davon findet man seit langer Zeit an der Spitze vieler Jazz-Alltime-Bestenlisten. So steht “A Love Supreme” von John Coltrane (1926 - 1967) oft abwechselnd mit Miles Davis (“Kind of Blue”, beim dem Coltrane auch mitspielte) oder Charles Mingus (“The Black Saint and the Sinner Lady”) an erster Stelle.
Das Album, am 9. Dezember 1964 in Quartett-Besetzung aufgenommen und im Januar 1965 veröffentlicht, ist eine vierteilige Suite. In etwas über 30 Minuten entstanden das wohl bekannteste Mantra des Jazz (Coltrane singt beim Eröffnungsstück “Acknowledgement” wiederholt den Titel des Albums) und eine ekstatische Widmung an (einen nicht eindeutig definierten) Gott.
Noch immer heißt es, dass selbst Atheisten mit dem Album ihr Erweckungserlebnis hätten. Noch immer entdecken viele Menschen das Werk neu oder hören darin selbst nach Jahrzehnten neue Noten. Ähnlich muss es auch der Saxophonistin und Echo-Jazz-Preisträgerin Katharina Maschmeyer und ihrem neugegründeten KaMa Quartet gegangen sein. Auf ihrem im September erschienen Album “A Love Supreme / Universal Tone” verneigt es sich vor John Coltrane und seinem epochalen Werk. Daneben finden sich auf der Platte neben zwei Eigenkompositionen auch eine Version von “The Creator has a Masterplan” von Pharoah Sanders, einem Weggefährten Coltranes.
Die Band schließt an den Jazz-Rock-Sound von Carlos Santana und John McLaughlin an. Die beiden Musiker interpretierten auf dem Album “Love Devotion Surrender” von 1973 in dem Stück “A Love Supreme” den Eröffnungssong des gleichnamigen Albums. Ob man sich nun mit einem Tribut an ein Tribut weiter von der Musik entfernt oder ihr näherkommt, sei dahingestellt. Leicht gemacht hat es sich das KaMa Quartet jedenfalls nicht, auch wenn beinahe jeder Musikliebhaber mit “A Love Supreme” etwas anfangen kann.
Auf ihrem aktuellen Album übernimmt die E-Gitarre von Nils Pollheide die “A Love Supreme”-Phrase, zusammen mit Synthesizer und einer tranceartigen Percussion von Nippy Noya (spielte u.a. schon mit John Mclaughlin und Billy Cobham) geht die Formation gänzlich im Jetzt auf.
Im Herbst und Winter ist das KaMa Quartet auf Tour, darunter auch ein Termin in Nürnberg, am 25.11.2016. Sämtliche Tourdaten gibt es hier; John Coltrane spielte zu Beginn der 1960er übrigens auch in der Noris. Zuvor konnte ich mich mit Katharina und Nils über das neue Album unterhalten.
Am 23.September 2016 wäre John Coltrane 90 geworden. Wie lebendig ist er für euch?
Nils: Für uns und auch die ganze Jazz-Gemeinde ist er natürlich immer noch eine sehr wichtige Figur. Wir möchten uns mit unserem Tribut bei Coltrane für sein Werk bedanken.
Aber erst durch die intensive Beschäftigung mit “A Love Supreme” haben wir uns mit den freieren Werken auseinandergesetzt, die danach entstanden sind und haben noch viel entdeckt (Anm. d. Red.: Meine persönlichen Tipps aus dieser Phase: Transition, Ascension und Interstellar Space). Ascension kann ich mittlerweile auch zum Frühstück hören.
Von John Coltrane sagt man, er sei immer auf der Suche gewesen, spirituell und musikalisch. Was habt ihr in ihm gefunden?
Katharina: Coltranes „A Love Supreme“ hat für uns eine besondere Bedeutung, da uns diese Aufnahme, immer wenn wir sie hören, Kraft gibt. Sowohl musikalisch, als auch spirituell. Musikalisch wegen der offenen Formen und des Kreierens aus dem Moment heraus.
Nils: Bei Coltrane im Allgemeinen und besonders bei der „A Love Supreme“ habe ich auch immer den Eindruck, als würde er eher als Medium fungieren, welches „Es“ einfach geschehen und die Musik durch sich hindurchfließen lässt. Spirituell insofern, als dass mir die Aufnahme immer Kraft gab, wenn es mir mal nicht so gut ging. Und sowohl musikalisch als auch spirituell bin ich zur Zeit auch auf der Suche.
Katharina: Dieses „Es“ geschehen lassen haben wir beim Spielen von Coltranes Suite auch selber empfunden. Man fühlt sich musikalisch sehr frei. Es ging nur noch um das Zusammenspiel und Freisetzen von Energie.
Nils: Bei “A Love Supreme” finden wir besonders faszinierend, dass es zwar spirituell ist, aber zugleich offen lässt, um welchen Gott es hierbei geht. Für Coltrane haben, so wie ich das verstehe, alle Religionen den gleichen Ursprung. Gerade in Zeiten des religiösen Terrors finde ich, dass die Musik einen anderen, friedlichen Aspekt für die Gesellschaft beitragen kann.
Wie würdet ihr die Herangehensweise zum neuen Album beschreiben?
Nils: Bewusst geplant haben wir das Arrangement des Albums nicht. Es war so, dass ich letzten Sommer spontan die Idee hatte, „A Love Supreme“ einmal mit dem Quartett auszuprobieren.
Als wir sie das erste mal spielten stand noch rein gar nichts fest, sondern wir haben gejammt und dadurch ist dann das Arrangement ganz spontan aus dem Fluss heraus kollektiv entstanden. Das fühlte sich vom ersten Moment an richtig an, sodass wir beschlossen, ein Album daraus zu machen.
Dass dabei der 70er-Jazz-Rock-Sound von Santana/McLaughlin so stark zu Tragen kommt, ist deren starkem Einfluß auf mich in meiner Jugend zu verdanken. Gerade über McLaughlin und das Mahavishnu Orchestra bin ich vom Rock zum Jazz gekommen.
Coltrane hat die Suite nur einmal komplett live gespielt. Das Publikum in Antibes 1965 war gespaltener Meinung. Sind die Zuhörer heutzutage offener für neue musikalische Erfahrungen?
Nils: Einer der Grundgedanken von Coltranes „A Love Supreme“ ist für uns, dass Musik durch ihre Energie in der Lage ist, Menschen zu verbinden. Seit 1965 hat sich ja einiges getan in der musikalischen Entwicklung. Damals war „A Love Supreme“ noch total neu und ungewohnt. Heutzutage ist es ein Meilenstein unter den Jazzaufnahmen.
Eben dadurch, daß diese Aufnahme in der Jazzwelt so bekannt ist, hoffen wir, den Zuhörer an einem ihm bekannten Punkt abzuholen und von dort aus mit auf die Reise zu nehmen. Diese beginnt bei Coltranes Komposition und knüpft mit dem Jazz-Rock-Sound der 70er ans Heute an.
Wie seid ihr auf Nippy Noya für das Projekt gekommen?
Katharina: Nippy haben wir vor Jahren auf einer Jamsession in Enschede kennengelernt und waren angetan von seiner warmen, menschlichen Art. Als wir nun Jahre später für dieses Album unser Quartett um einen Perkussionisten erweitern wollten, fiel uns Nippy wieder ein und entpuppte sich als genau der Richtige für unsere Musik.
John Coltrane mag bereits seit 1967 tot sein (und für manche ist danach im Jazz nichts mehr passiert), doch er ist nach wie vor ein Vulkan an Klängen, Ideen und Energie. Noch immer gibt es unveröffentlichte Sessions, die er in seinem kurzen Leben (er wurde nur 40) aufgenommen hatte.
Im September feierte die Dokumentation “Chasing Trane” in den USA Premiere,ein Review gibt es hier. Wer bei neuen Coltrane-Entdeckungen auf dem Laufenden bleiben möchte, dem sei die Facebook-Seite “Coltrane Research” des Coltrane-Forschers und Autors Chris Devito empfohlen.