Buchenbühl: Nürnberger Idyll im Reichswald

Aktualisiert am 04. Februar 2019 von und Sebastian Gulden und Stefan Schwach
Buchenbühl

Dächer und ein Türmchen im Grünen – Am Paulusstein in Buchenbühl, 1935/45. Foto: © Verlag W. Demartin

Mit dem Mut der Verzweiflung errichteten Angehörige eines Soldatenrates 1919 ihre Häuser in einem gerodeten Stück des Sebalder Reichswaldes nördlich von Ziegelstein. Buchenbühl war geboren.

Die Not nach dem Ersten Weltkrieg trieb mitunter extreme Blüten. Die Wohnungsnot hatte es schon zuvor gegeben, doch nun machten sich die Angehörigen des revolutionären Soldatenrates beim III. Armeekorps daran, ihren unzumutbaren Wohnverhältnissen ein Ende zu bereiten. Kurzerhand begannen sie mit Rodungsarbeiten im Sebalder Reichswald, um dort ihre Häuser zu errichteten. Die Obrigkeit legalisierte den Coup im Nachhinein, gründete das Siedlungswerk Nürnberg als Träger der Unternehmung und nutzte die Großbaustelle auch gleich noch als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.

Aus Nürnbergs größtem Schwarzbau entstand eine stattliche, geradezu idyllische Siedlung. Ihren Namen verdankt Buchenbühl einem von Buchen bestandenen Hügel („Bühel“) in der Nähe. Die Bauleitung und Planung der typisierten Siedlungshäuser mit hohen Satteldächern und Zierelementen aus Sandstein und Fachwerk hatten die Architekten Ludwig Ruff und Jakob Schmeißner inne. Die Bewohnerinnen und Bewohner genossen die Vorzüge einfacher, aber moderner Wohnhäuser mit teils riesigen Nutzgärten, die sie zur Selbstversorgung bewirtschafteten. Verschiedene Zweck- und Gemeinschaftsbauten vervollständigten die weitgehend autarke Siedlung, die an die Gartenstädte vom Anfang des 20. Jahrhunderts erinnert. Nur Kirchen gab es zunächst nicht: Die lutherische Himmelfahrtskirche und die katholische Maria-Hilf-Kirche wurden erst 1938 und 1965 erbaut.

Siedlungsgaststätte, Platz Am Paulusstein und Schulhaus in Buchenbühl, zwischen 1935 und 1945 und 2016.

Siedlungsgaststätte, Platz Am Paulusstein und Schulhaus in Buchenbühl (von oben nach unten), 1935/1945 und 2016. Fotos: © Verlag W. Demartin (1935/45) – Boris Leuthold (2016) (cc)

Unser Vorher-nachher-Mehrfachbild zeigt die Wahrzeichen des alten und neuen Buchenbühl: Da ist die heute unter Denkmalschutz stehende Siedlungsgaststätte mit angrenzendem Saalbau (heute Auktionshaus), die das Architekturbüro Lehr & Leubert 1925 errichtete. Um den so genannten „Paulusstein“, der an die Gründung Büchenbühls erinnert, gruppieren sich die Wohnhäuser des zentralen Dorfplatzes. Das Schulhaus an der Kalchreuther Straße schließlich wurde 1921 erbaut und 1935 und 1963 erweitert.

Alle Motive unserer historischen Ansichtskarte sind bis heute weitgehend erhalten geblieben. Viele der Nutzgärten indessen werden nur noch zur Erholung genutzt; in den meisten haben spätere Generationen ihre eigenen Häuser oder Garagen errichtet. Zahlreiche Siedlungshäuser wurden modernisiert, leider nicht immer zugunsten eines malerischen Erscheinungsbildes.

Das Leben in Buchenbühl ist noch immer ruhig und beschaulich. Das hat auch seine Schattenseiten: Seit einigen Jahren halten keine Züge mehr in Buchenbühl, die Busverbindung ist verbesserungsfähig. Um sich mit Lebensmitteln einzudecken oder mal ausgehen zu können, ist man auf das Auto angewiesen. Wem all das nichts ausmacht, der hat es schön hier, im Idyll im Reichswald.

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