Frischekur mit 103: Der Deutsche Hof erstrahlt in neuem Glanz
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Boris Leuthold und Sebastian Gulden und Stefan Schwach
Nach dreijähriger Sanierung öffnet der Deutsche Hof am Nürnberger Frauentorgraben 2016 als Bürogebäude wieder seine Pforten. Eine der architektonischen „Perlen am Ring“ erstrahlt in neuem Glanz.
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Als die Nürnberger Lehrerschaft einst den Plan fasste, sich ein eigenes Clubhaus zu gönnen, hätte sie sich wahrscheinlich nicht träumen lassen, dass spätere Generationen eben dieses Haus zu den großen Baudenkmalen der Jahrhundertwende in Nürnberg zählen würden. Dabei waren die Voraussetzungen für den Nachruhm mehr als günstig: 1912 kaufte der Verein Lehrerheim Nürnberg (den es übrigens noch heute gibt) das Filetgrundstück westlich des Opernhauses an der Ecke Frauentorgraben und Lessingstraße in Tafelhof. Als Architekten gewannen die Lehrer niemand Geringeren als Stadtrat Hans Müller, der sich durch den Bau der Tucherbrauerei an der Schillerstraße, der Hypobank an der Königstraße und des Karl-Bröger-Hauses einen Namen machte.
Müller ließ die straßenseitigen Fassaden des Deutschen Hofes zum Großteil in Sandstein ausführen, damit der Neubau mit dem Opernhaus und der Stadtmauer gegenüber harmonierte. Indem Müller dem Haus einen eckseitigen Durchgang im Erdgeschoss verpasste und in die Fassade im dritten Obergeschoss eine Terrasse einschnitt, nahm er dem Baukörper etwas von seiner massigen Wirkung. Ein Erker und eine reiche Dachlandschaft mit Giebeln, Zwerchhäusern und Schornsteinen rundeten das malerische Bild ab. Hans Müllers Namensvetter, der Bildhauer Johannes Müller, verzierte die Fassaden mit Reliefs im Stil der Deutschen Frührenaissance. 1913 konnten die Nürnberger Lehrer ihr Vereinshaus mit einer Feier im Saaltrakt des Komplexes an der Lessingstraße einweihen.
Eine bittere Pille hatten die Lehrer aber zu schlucken: Um Bau und Unterhalt ihrer Immobilie stemmen zu können, mussten sie Gäste im Haus dulden. Ärger war vorprogrammiert und kam gerade in der Anfangszeit geballt: Mehrere Pächter erwiesen sich als Reinfall, einige Angestellte waren chronisch kratzbürstig und ein krimineller Buchhalter unterschlug mehrere Tausend Mark. Ironischerweise prägte sich der Deutsche Hof dennoch vor allem als Hotel ins kollektive Gedächtnis Nürnbergs ein.
Das hängt auch damit zusammen, dass das Pächterehepaar Klara und Johannes Klein 1920 einen gewissen Adolf Hitler in das Hotel einlud, und der weilte fortan bei jedem Aufenthalt in Nürnberg im Deutschen Hof. Ab 1933 gehörte das Gebäude zu den Wegmarken der Reichsparteitage der NSDAP – streng abgeschirmt und nur dem engsten Führungskreis des Regimes (und den Nürnberger Lehrerinnen und Lehrern) vorbehalten. Vom Fenster seines Zimmers im ersten Stock aus nahm der Diktator die Paraden der Hitlerjugend ab. Später riss sich die NSDAP auch noch das im Westen direkt benachbarte Verwaltungsgebäude der Siemens-Schuckert AG unter den Nagel und legte es mit dem Deutschen Hof zu einem Großhotel zusammen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Deutsche Hof ein Raub der Flammen. Als die Lehrer 1946 damit begannen, ihren Deutschen Hof wieder aufzubauen, mussten sie aus statischen und finanziellen Gründen auf die reiche Dachlandschaft verzichten. Eigentümer des Hauses, das sie 1935 an die NSDAP verkauft hatten, wurden die Lehrer erst wieder 1948 bzw. 1959. Zu ihrem großen Ärger hatte nämlich der Freistaat Bayern als „Erbe“ der NS-Immobilien den Saalbau an der Lessingstraße an den Theatermacher Karl Pschigode verpachtet, der dort eines der ersten Nürnberger Theater der Nachkriegszeit, das Lessingtheater, betrieb. Der Erweiterungsbau im Westen blieb in Staatsbesitz und diente später als Arbeitsamt.
Nach dem Krieg jagte im Deutschen Hof eine Sanierung die nächste. Lehrer und Pächter waren stets bemüht, ihr Haus auf dem Stand der Zeit zu halten. Einen genialen Coup landeten sie mit dem Rückbau des Lessingtheaters, der ab 1960 wieder Lessingsaal hieß. Er war besonders in den 1970er und 1980er Jahren eine beliebte Party-Location für Faschingsfeiern und Tanzbälle – kaum ein Nürnberger dieser Generation, der nicht mal zum Schwof dort war. 1976 eröffnete der Bocksbeutelkeller, der mit seinem rustikalen Ambiente hungrige Nachtschwärmer zu Bratwürsten und Frankenwein in den Untergrund des Deutschen Hofes lockte.
2004 schien dann alles vorbei zu sein. Bereits 14 Jahre zuvor hatten die Lehrer aus Geldnot ihr Haus an die Maritim Hotelgesellschaft veräußern müssen, und auch die sah nun keine Zukunft mehr für das altehrwürdige Hotel. 2013 erwarb das Nürnberger Unternehmen terraplan den mittlerweile durch Verfall und Berge von Taubenkot arg geschundenen Deutschen Hof. In den folgenden drei Jahren erhielt das Haus seine Dachlandschaft in zeitgenössischer Interpretation zurück. Die Treppenhäuser im Jugendstil wurden restauriert, und auch ein neuer Mieter wurde gefunden. Allein, die Lessingsäle mussten einer Wohnanlage weichen, weil eine Umnutzung wegen des baulichen Zustandes und des Mangels an Parkplätzen nicht möglich erschien.
2016 wird der Deutsche Hof – nun als Bürogebäude – neu eröffnen. Eine der wenigen Perlen am Ring, die die Bomben des Zweiten Weltkrieges überlebt haben, darf wieder glänzen. Eine öffentlich zugängliche Ausstellung in der ehemaligen Hotelhalle am Frauentorgraben informiert fortan über die Geschichte des Hauses und präsentiert seltene und kuriose Fundstücke, die bei der Sanierung zu Tage gekommen sind.
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