„Hier ruhe, Künstlerfürst“: Dürers Grab auf dem Johannisfriedhof

Aktualisiert am 04. Februar 2019 von und Sebastian Gulden
Johannisfriedhof

Im Schutze der Johanniskirche und grüner Wipfel – der Johannisfriedhof, aufgenommen zwischen 1905 und 1945. Foto: © Hermann Martin (cc)

Am kommenden Donnerstag vor 489 Jahren starb Nürnbergs berühmtester Sohn, der Maler Albrecht Dürer. Sein Grab auf dem Johannisfriedhof ist bis heute erhalten und zieht Einheimische, Kunstliebhaber und Touristen gleichermaßen an.

Albrecht Dürer, der große Künstlerfürst, starb am Freitag, den 6. April 1528 nach einem für die damalige Zeit recht langen und arbeitsreichen Leben im Alter von knapp 57 Jahren. Ein ruhiges, sanftes Entschlafen war ihm nicht vergönnt: Dürer starb völlig ausgezehrt und schwach, vielleicht aufgrund einer Milzvergrößerung, die wiederum eine Ansteckung mit Malaria rund acht Jahre zuvor ausgelöst hatte. Nicht auszudenken, welche Werke Dürer noch geschaffen hätte, wäre er nicht den Spätfolgen der Krankheit erlegen. Der Meister hinterließ ein gewaltiges Werk an Malereien, Grafiken und Schriften, das bis heute die Forschung umtreibt und Kunstliebhaber in aller Welt in Entzücken versetzt.

Nach dem Tod des Künstlers ging das Drama erst los. Verbittert über den Tod seines Freundes verbreitete der alte Willibald Pirckheimer Hasstiraden und Anschuldigungen gegen Dürers Witwe Agnes. Ein „zannksuchtig geitzig waib“ sei sie gewesen und hätte den gutmütigen Albrecht durch ihre Bosheit ins allzu frühe Grab befördert. Heute weiß man, dass all das ausgemachter Blödsinn ist. Agnes und Albrecht waren ein eingespieltes Team, wenn es um die Vermarktung der Grafiken, Gemälde und nicht zuletzt der schillernden Person des Künstlerfürsten selbst ging. Der eine konnte ohne den anderen nicht. Einiges spricht sogar dafür, dass die beiden „Sandkastenfreunde“ waren.

Seit über einem Jahrhundert kaum verändert – Albrecht Dürers Grabmal und die Johanniskirche, aufgenommen 1905 und 2016.

Seit über einem Jahrhundert kaum verändert – Albrecht Dürers Grabmal und die Johanniskirche, 1905 und 2016. Fotos: © Bernhard Lehrburger (1905) – Boris Leuthold (2016) (cc)

Seine letzte Ruhe fand Dürer auf dem Johannisfriedhof draußen vor der Stadtmauer, und zwar an der Grabstelle mit der heutigen Nummer L 6-649. Wie fast alle Grabmale des Friedhofes aus reichsstädtischer Zeit besteht es aus einer hohen Grabplatte aus Sandstein. Auslöser für diese etwas monotone, aber gewollte und vorgeschriebene Einheitlichkeit waren (einmal wieder) die Nürnberger Ratsfamilien: Durch die Vereinheitlichung wollte man verhindern, dass einzelne sich durch besonders reiche Gestaltung ihrer Gräber über die anderen erhoben. Gezwungenermaßen kaprizierten sich die Grabeigentümer und die von ihnen beauftragten Künstler auf den kleinen Bereich, der noch individuell gestaltet werden durfte – die aus Bronze oder Messing gegossenen Reliefs auf den Grabsteinen. So entstanden Meisterwerke der Plastik, die bis heute faszinieren.

Auf Dürers Grabstein prangen gleich zwei Bronzetafeln in lateinischer Sprache – eine mit der von Willibald Pirckheimer verfassten schlichten Grabinschrift und eine andere, reicher gestaltete von Sebastian Denner, die der Maler Joachim Sandrart 1681 gestiftet hat. Letztere enthält eine ausschweifende Lobeshymne (aus dieser stammt auch das ins Deutsche übertragene Zitat in der Artikelüberschrift) auf Nürnbergs größten Sohn und gibt einen Vorgeschmack auf den Kult um Dürer, der sich in den Jahrzehnten nach seinem Tod anbahnte.

Die Nürnberger erkannten früh die touristische Bedeutung ihrer Friedhöfe, und das ist auch ein Grund dafür, dass sich der Johannisfriedhof über die Jahrhunderte vergleichsweise wenig gewandelt hat. Spätestens für die kulturbeflissenen Reisenden des 19. Jahrhunderts wurde er zur Pilgerstätte. Im Zeitalter des Historismus, der die Kunst der Vergangenheit als Muster für Gegenwart und Zukunft sah, waren die „alten Meister“ für viele Künstler gottgleiche Vorbilder, denen es nach Kräften nachzueifern galt. Ihr Gräber zu besuchen, gehörte da zum Pflichtprogramm. Klar, dass die Geschäftsleute rund um den Johannisfriedhof dem Bedarf nach Devotionalien nur zu gerne nachkamen, so auch die Fotografen Bernhard Lehrburger und Hermann Martin, die unsere historischen Aufnahmen des Dürergrabes und seines Umfeldes angefertigt haben.

Ein anderer Blick über Dürers Grab und seine Nachbarn, aufgenommen zwischen 1905 und 1945.

Ein anderer Blick über Dürers Grab und seine Nachbarn, 1905/1945. Foto: © Hermann Martin (cc)

Dürer befindet sich heute in bester Gesellschaft anderer großer Meister der Kunst: In seiner Nähe fanden etwa der Goldschmied Wenzel Jamnitzer, der Architekt und Erste Vorstand des Germanischen Nationalmuseums August von Essenwein, die Maler August Kreling und Anselm Feuerbach sowie dessen Bruder, der Philosoph Ludwig Feuerbach ihre letzte Ruhe. Hunderte von berühmten Nürnbergerinnen und Nürnbergern aus den einflussreichen Ratsgeschlechtern, aus Politik, Wissenschaft und Kunst sind heute auf dem Johannisfriedhof versammelt. Mittlerweile sind wieder einige der heißbegehrten Grabstellen frei und können neu belegt werden.

Seit 2015 gibt es den Verein Nürnberger Epitaphienkunst und -kultur. Seine Mitglieder haben es sich zur Aufgabe gemacht, die historischen Grabdenkmäler auf den Nürnberger Friedhöfen wissenschaftlich zu dokumentieren und deren Erhalt nach Kräften zu fördern. Wie wichtig das ist, hat der dreiste Diebstahl von rund 40 Grabreliefs auf dem Rochusfriedhof im Jahr 2014 gezeigt. Die Gauner, die die unersetzlichen Kunstschätze als Altmetall verschachern wollten, konnten mitsamt ihrem Diebesgut gefasst werden, doch es wird noch lange dauern, bis die beschädigten historischen Grabtafeln wieder in alter Schönheit erstrahlen können.

Andere Vorher-Nachher-Bildfolgen von Stadtbild im Wandel

Fotogener Dauerbrenner: Die „Sutte“ des Heilig-Geist-Spitals

Wintertraum aus Schnee und Sandstein: Das Haus Spittlertorgraben 35

Noblesse aus zwei Epochen: Das Anwesen Marientorgraben 9

Blog abonnieren
'Nürnberg und so' Blogfeed abonnieren

Zusätzlich zu dem Podcast stellt 'Nürnberg und so' auch immer wieder begleitende Geschichten und Informationen aus der Metropolregion Nürnberg vor.

Blog-Artikel als RSS Feed abonnieren

Foodtrucks & Street Food
Finde mit Craftplaces Foodtrucks und Street Food

Logo Craftplaces - mobile Unternehmen wie Foodtrucks und Street Food finden

Die besten Foodtrucks und Street Food in deiner Stadt suchen, denn mobile Unternehmen sind immer und überall für dich da. Craftplaces zeigt dir wo und wann sie unterwegs sind.

Du willst nichts verpassen?
Anmeldung E-Mail Newsletter 'Nürnberg und so'

Anmeldung zum E-Mail Newsletter

Sätze für die Ewigkeit
Podcast Nürnberg und so
Der Name Dracula ist ganz eng mit Nürnberg verbunden!
Markus Wolf in Sendung No. 12
Leute die in Dubai mal einen Turm gereinigt haben, können auch einen Kletterwald bauen.
Sven Kuntzsch in Sendung No. 28
Botschaft für eine friedlichere Welt – Fechten streichen und stattdessen Poetry Slam.
Michael Jakob in Sendung No. 27
Letzte Podcast Sendungen
Nürnberg und so

Jörg Korinek / Podcast-Sendung No. 32

Veröffentlicht am 05.05.2015

Den geborenen Göppinger lockte ein Praktikum in die Frankenmetropole. Dem Weg zum Informatik-Studium gingen einige bundesweite Schulaufenthalte voraus, bei denen er Orientierung gewann und diverse…

zur Sendung No. 32

Roland Rosenbauer / Podcast-Sendung No. 31

Veröffentlicht am 11.02.2015

Aus Cadolzburg kommend, finanzierte er sich mit dem "Ruf der Unendlichkeit" oder der "Rache des Knochenmannes" seine Schulzeit. Trotz BWL Studium landete er schließlich beim Jugendfunk des…

zur Sendung No. 31

Aktuelle Magazin-Artikel
Nürnberg und so

Zehn Fragen an Startup Craftplaces aus Nürnberg

Veröffentlicht am 10.02.2019

Mit der Technologie des Startups Craftplaces finden Millionen Street Food Kunden Foodtrucks. Das junge Technologie-Unternehmen strebt an, das in 5 Jahren alle Foodtrucks in Europa und den USA mit…

weiterlesen

Fotogener Dauerbrenner: Die „Sutte“ des Heilig-Geist-Spitals

Veröffentlicht am 28.12.2018

In den letzten Wochen wurde sie wieder zehntausendfach geknipst: Die malerische Westfront des Heilig-Geist-Spitals. Sie ist nicht nur eines der beliebtesten Fotomotive Alt-Nürnbergs, sondern hat…

weiterlesen

Interview zum Afrika Film

Veröffentlicht am 18.12.2018

Eigentlich war das alles ja gar nicht so geplant gewesen – das mit dem so lange bleiben, das mit dem Alleinsein und dem Weg zu sich selbst. Doch die Frage ist, ob man in diesem Leben so etwas…

weiterlesen

Wintertraum aus Schnee und Sandstein: Das Haus Spittlertorgraben 35

Veröffentlicht am 14.12.2018

Bis zum Zweiten Weltkrieg waren prächtige Vorstadthäuser mit Sandsteinfassaden und Vorgärten in Nürnberg ein vertrauter Anblick. Sie vermittelten weltstädtisches Flair, städtebauliche…

weiterlesen