Unten alt, oben neu: Wiederaufbau in der Wodanstraße
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Boris Leuthold und Sebastian Gulden
Die Wodanstraße gehört mit ihren prachtvollen Mietshäusern der Jahrhundertwende zu den schönsten Straßen im Süden Nürnbergs. Ein paar Kriegswunden gab es aber auch hier, und manchmal wurden sie auf bemerkenswerte Weise geschlossen.
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Für den Architekturbegeisterten ist eine Fahrt mit der Straßenbahnlinie 9 auf der Wodanstraße ein Genuss: Über weite Strecken hat die Straße ihre Randbebauung mit noblen Mietshäusern der 1900er bis 1930er Jahre bewahren können. Ihr Name geht auf den germanischen Donnergott Wotan zurück, wobei man in Nürnberg sicher nur allzu gerne die Alternativbezeichnung „Wodan“ gewählt hat, um Missverständnisse rund um das „hadde D“ zu vermeiden. Trotz der Ferne zum Stadtkern ließ es sich hier dank Nahverkehrsanschluss und viel Grün schon um die Jahrhundertwende trefflich leben. Der in Laufweite gelegene Dutzendteich war bis zur Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten Nürnbergs Vergnügungspark Nr. 1.
Viele der alten Mietspaläste an der Straße stehen heute unter Denkmalschutz. Die Nr. 17, die wir heute in unserer Vorher-nachher-Folge zeigen, nicht. Sie ist nämlich zu großen Teilen ein Wiederaufbau der Nachkriegszeit. Die staatliche Denkmalpflege tut sich bis heute schwer, solche vom Schicksal gebeutelten Bauten als Zeugnisse der Stadt- und Architekturgeschichte zu würdigen. „Zu viele Störungen“ – das heißt: zu wenig ursprüngliche Substanz – lautet häufig die Begründung, weshalb Wiederaufbauten keinen Eingang in die Denkmalliste finden.
Das Haus, wie wir es auf dem linken Foto der Vorher-nachher-Bildfolge sehen, entstand 1908. Architekt Gottlieb Lampert, der auch für die Häuser Wodanstraße 8 und 9 verantwortlich zeichnete, fertigte die Pläne im Auftrag des Bauunternehmers Andreas Werner. Hinter der vornehmen Fassade im Jugendstil verbargen sich fünf Etagenwohnungen zu je vier Zimmern, jede mit privatem Bad und WC. In restauriertem Zustand wären solch stilvolle und geräumige Altbauwohnungen heute der Renner auf dem Immobilienmarkt, besonders im gehobenen Preissegment.
Allein, die Schäden der Fliegerangriffe im Zweiten Weltkrieg an der Wodanstraße 17 waren so verheerend, dass das Gebäude über dem intakten Erdgeschoss weitgehend neu aufgebaut werden musste. Noch 1949 türmte sich Schutt über den Resten des dritten und zweiten Obergeschosses auf. Wie damals häufig der Fall, verringerte der Architekt die Deckenhöhen, so dass bei gleicher Traufhöhe ein zusätzliches Stockwerk eingezogen werden konnte. Der Erker wurde erhöht wiederaufgebaut; ein einfaches Traufgesims erinnert noch ein wenig an die Fassade von einst.
Insgesamt ist der Wiederaufbau gelungen, verband er doch die Qualitäten des historischen Gebäudes mit der Formensprache der 1950er Jahre. Leider hat man beim Wiederaufbau den Maskaron und die Fruchtgirlande über der Eingangstür und die Agraffen über den Fenstern abgeschlagen. Heute bildet das Anwesen Wodanstraße 17 zusammen mit seinen Nachbarhäusern, die ebenfalls nach Kriegsschäden wiederaufgebaut werden mussten, ein farbenfrohes Ensemble des Wiederaufbaus im Stil der 1950er Jahre.
Postskriptum
Das Haus Wodanstraße 17 hat 1996 Einzug in die fränkische Theatergeschichte gehalten: In der Komödie „Letzter Wille“ von Fitzgerald Kusz ist es das Wohnhaus der verstorbenen Tante Martha, die durch widersprüchliche Testamente und eine bissige Videobotschaft ihre Erben an den Rand der Verzweiflung treibt.
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