Italien im Winter: Blue oder Blues?
Aktualisiert am 04. Februar 2019 von Peter Budig und Ina Niederlich mit Bildergalerie
Es ist das Leben selbst, das die besten Geschichten schreibt. Glückliche Zufälle, widrige Umstände, interessante Begegnungen. Das wurde uns in den vergangenen beiden Wochen mehr denn je bewusst. Jetzt – gerade erst zurück in Deutschland – scheint der Anfang der Reise weit entfernt. Der Morgen des 28. Dezembers, an dem wir mit dem Wohnmobil ins Abenteuer gestartet sind. Schneechaos auf der Autobahn, schier endlose Staus, der erste Abend am Gardasee. Unwissend, was uns erwartet. Zu detaillierte Pläne hatten wir vorab nicht gemacht. Zwei, drei Campingplätze angeschrieben, um nicht gleich zu Beginn der Tour vor verschlossenen Toren zu stehen. Nur grobe Vorstellungen für die ersten Etappen. Mehr nicht.
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Rund 3600 Kilometer haben wir zurückgelegt. Waren – wie Tausende andere Touristen aus aller Welt – in Florenz, in Rom. Nächtigten ganz alleine auf Campingplätzen. Wurden freundlich empfangen. Ausgeraubt. Sahen leere Strände, wilde Natur. Steile, einsame Bergstraßen, überfüllte Autobahnen. Aßen im Freien, froren im Wohnmobil.
Der Duft des Südens im Winter
Heißer Sand, Oleanderbüsche in voller Blüte, salzige Meerluft, Sonnencreme – so riecht der Sommer in Italien. Und der Winter? Die Luft über dem Meer ist klarer, frischer, nicht so modrig, nicht so fischig. Auch die leichte Note sonnengebrannter Haut fehlt. In der Toskana überwiegt der Duft nach Erde, nassem Gras, nach braungrauem Herbstlaub, das langsam verrottet. In den Straßen großer Städte erschnuppert man – mal aus der geöffneten Tür eines Restaurants, mal aus einem gekippten Küchenfester – feines italienisches Essen, frisches Obst, würzige Kräuter auf dem Markt. An der ein oder anderen Ecke riecht es nach Pferdeschweiß, nach Mist. Viele Kutschen stehen bereit, warten auf zahlfreudige Fahrgäste. Im Grunde nicht anders als im August. Lediglich der für sommerliche Großstädte unverkennbare Duft von flirrender Hitze auf Asphaltstraßen bleibt jetzt in der kalten Jahreszeit aus.
Über treue Reisebegleiter
Gelobt haben wir ihn schon oft, den treuen Globebus von Dethleffs. Betonen möchten wir es jetzt rückblickend trotzdem noch einmal: Dieses Wohnmobil ist genau der Reisegefährte, den man für ein Vorhaben wie unseres braucht. Wendig, stark und auch bei den unmöglichsten Straßenverhältnissen absolut zuverlässig. An Bord alles Nötige. Nächte auf einsamen Parkplätzen, ja sogar mitten im Wohngebiet, sind sehr gut zu meistern. Mit gefüllten Gasflaschen ist's gemütlich warm, Minusgrade draußen kein Problem.
Gemunkelt, vermutet wurde ja viel. Aber, auch wenn wir der brodelnden Gerüchteküche damit jetzt ein Ende setzen :-): Wir sind kein Paar. Nur Kollegen. Freunde. "Man macht sich ganz schön nackig", wurde Peter vorher gewarnt. Mit jemandem wegfahren – "eingesperrt" auf engstem Raum –, den man bislang immer nur wenige Stunden am Stück erlebt hat. Maximal einen ganzen Arbeitstag lang. Ja, das ist eine Herausforderung. Die Macken, Kanten, Ecken des anderen werden sichtbar. Unterschiedliche Gewohnheiten treffen aufeinander. Peter frühstückt. Ich nicht. Er trinkt Tee, ich Kaffee. Beim Autofahren hört er gerne Alben von Anfang bis Ende, möglichst Live-Aufnahmen. Gianna Nannini, Marla Glen, Hubert von Goisern. Ich dagegen schwöre auf meine bunt gemischte iPod-Favoritenliste. Von allem ein bisschen was. Er ist ein 60er-Jahrgang, ich erst 1988 geboren. Mann vs. Frau. All das könnten Streitpunkte sein. Genauso wie die kleineren und größeren Schwierigkeiten, in die wir geraten sind. Man braucht schon ein gelassenes Gemüt. Aber – wer uns kennt, wird's bestätigen – das haben wir beide!
Blue oder Blues?
Das winterliche Italien. Sommerträume der Deutschen im Januar. Winterblue oder Winterblues? Wir haben beides erlebt. Das Meer – ganz ruhig, tiefblau, aufgewühlt, türkis, unendlich. Lebendige Großstädte, Kultur, Geschichte, Silvester in Perugia. Wintermärkte unter Palmen. Feine italienische Küche, Pasta, Pizza, frischer Fisch. Ganzjährig geöffnete Luxus-Campingplätze, gut beheizte Waschhäuser zum Wohlfühlen, Übernachten in toskanischer Idylle. All das – Winterblue! Der Adriastrand, eher trist mit all den heruntergekommenen Holzhütten, Blechverschlägen, in denen die Urlauber von Juni bis September ihren kulinarischen Gelüsten frönen. Bettelarme Menschen, Diebe, aufdringliche Rosenverkäufer. Convenience-Menüs, Billig-Wein aus Plastikkanistern, geschlossene Restaurants. Teure Stellplätze, ohne Strom, Dusche, Klo. Winterblues! Viel Blue, viel Blues. Und genau das ist es, was die Eroberung des Stiefels in der kalten Jahreszeit so einzigartig macht.
Alle Reiseeindrücke auf einen Blick
Start: Eine Reise mit dem Wohnmobil im Januar durch Italien
Tag 1: Stau. Schnee. Späte Sprizziiiiii!
Tag 2: Von Wintermärkten unter Palmen und kurvigen Bergstraßen
Tag 3: Picasso, Vuitton, chinesische Prachtweiber
Tag 4: Silvesternacht von Perugia. Ein neuer Freund. Verfolgt von Beduinen.
Tag 5: Assisi - Klosterstadt mit Rothenburg-Feeling
Tag 6: Wilde Bergfahrt, lange Suche und ein schrottiger Übernachtungsplatz
Tag 7: Ein Winterzeltplatz mit Tücken
Tag 8: Abschied von der Adria. Fahrt nach Rom. Ein Lob dem Globebus
Tag 9: Das Wunder von Rom
Tag 10: Tiefschlaf zwischen Rosmarinhecken
Tag 11: Die Orangen des Leonardo
Tag 12: Ein letztes Mal...
Wir hatten viel Spaß dabei! Ihr auch? Dann lasst es uns wissen. Auch konstruktive Kritik wird gerne aufgenommen :-). Und nun, liebe Leserinnen und Leser, das besondere Bildhighlight: Enjoy the Outtakes